Feminin
Auf einer Ausstellung wurde ich einmal von einem Mann angesprochen. Dieser meinte, meine Kunst sei sehr feminin. - Oh, was bedeutet das? Ist das jetzt gut oder schlecht, richtig oder falsch, ein Kompliment? Oder belächelt er meine Arbeiten? Fragen über Fragen.
Es stimmt schon, dass das Material "Stoff" eine von Frauen bevorzugte Domain ist aber Ausnahmen bestätigen ja wie so oft die Regel. In Ägypten gibt es den ausschließlich von Männern ausgeübten Beruf des "Tentmakers". Und was diese Männer im Schneidersitz, bewaffnet mit großen Scheren und Nadeln, aus Stoff zaubern, ist fantastisch. Herrliche Applikationen, die manchmal an die großen bunten Glasfenster in den großen Kathedralen erinnern.
Stoffe sind sicher von Natur aus das weichere, fließende und anschmiegsamere Material als beispielsweise Holz oder Metall. Daher wohl auch die Zuordnung zum Femininen. Aber wie unsere Welt nun mal polar ist, braucht es auch den Gegenpol. Daher schätze ich natürlich auch "maskuline" Werkstoffe. Es ist oft die Kombination, welche ein interessantes Wechselspiel zwischen den verschiedenen Charakteren dieser femininen und maskulinen Materialien erzeugt. Perfekte Ergänzung und damit auch Spiegel unserer polaren Welt.
Ist meine Kunst jetzt feminin?
Damals hatte die Bemerkung mich verunsichert. Heute weiß ich, dass ich es gar nicht bewerten muss. Es war lediglich eine Feststellung, seine wie auch immer gefärbte Meinung und es ist meine Entscheidung, wie ich das interpretiere. Bestenfalls nehme ich es als Kompliment. Und wie Sie das sehen überlasse ich Ihnen.